Warum haben Sie sich dabei ausgerech- net für die Roth entschieden? Die Roth ist ja der Abfluss des Rothsees und wird zur Überleitung von Donau-Wasser in den Main genutzt, wenn dort der Pegel im Sommer sinkt. Dadurch führt sie das gan- ze Jahr über, auch während eigentlicher Trockenphasen, relativ konstant gleich viel Wasser. Für die Wasserkraft sind das natür- lich ideale Voraussetzungen und auch die Wehre kenne ich bereits durch meine An- gel-Exkursionen, weshalb ich hier einiges Potential vermutet hatte. Hat Ihre Untersuchung die Vermutung denn bestätigt? Nicht ganz. Die Roth hat zwar ein größeres Potential als viele andere sogenannte Mit- telgebirgsflüsse, was durch den Rothsee- Ablauf kommt, aber im Vorfeld hatte ich ein etwas größeres Potential vermutet, als sich nun tatsächlich gezeigt hat. Dennoch: Ich habe neun Standorte untersucht, an denen es Wehre und teils auch schon Wasserkraft- Anlagen gibt. Wenn alle diese Standorte ausgebaut werden würden, dann könnten 600 bis 700 Haushalte das ganze Jahr über mit Strom versorgt werden. Welche Standorte haben denn ein beson- deres Potential? Das sind die Wehre am Eisenhammer, am Kupferhammer und am Metallhammer in Eckersmühlen. Diese Standorte sind bereits ausgebaut. Weitere Standorte, die rein von der Wasserkraft her, gut genutzt werden könnten, wären die Wehranlage Leonhards- mühle, das Wehr in Hofstetten und vor al- lem das Feuerstein-Wehr, das in Richtung Rother Wasserwerk liegt. Welche anderen Faktoren spielen dabei noch eine Rolle? Grundsätzlich muss man dabei auch immer die wirtschaftliche Seite im Blick behalten. Es gibt drei gängige Typen von Wasserkraft- anlagen. Es gibt die Wasserkraft-Schnecke, die Ossberger-Turbine und die Kaplan-Tur- binen. Den höchsten Wirkungsgrad hat da- bei die Kaplan-Turbine. Sie braucht jedoch auch eine gewisse Fallhöhe und hat die höchsten Anschaffungskosten. Die Was- serkraft-Schnecke, die im Übrigen auch bereits am Hecker-Wehr verbaut ist, kann zum Beispiel auch gut mit variablen Was- sermengen umgehen und kostet in der An- schaffung weniger, hat aber auch einen ge- ringeren Wirkungsgrad. Hinzu kommt, dass auf Strom aus Erneuerbaren Energien, also auch Wasserkraft, derzeit noch die EEG- Umlage gezahlt wird, das heißt, dass die Kilowattstunde Strom mit derzeit rund 12 Cent garantiert vergütet wird. Die Höhe der Vergütung hängt vom Zeitpunkt der Inbe- triebnahme ab, je später, desto geringer die Vergütung. Diese Vergütung läuft nach 20 Jahren Betriebszeit aus. Bis dahin sollte also im besten Fall der Anschaffungspreis wieder erwirtschaftet werden, da danach nur noch rund 3 bis 6 Cent für die Kilowattstunde Strom gezahlt werden sollen. Man muss also den Mittelweg zwischen Wirkungsgrad und Wirtschaftlichkeit finden, auch derzeit steigende Baukosten sollten berücksichtigt werden. Beim Feuerstein-Wehr wäre nach meinen Berechnungen zum Beispiel der Ausbau mit einer Wasserkraftschnecke loh- nenswert. Könnte denn auch an den bestehen- den Standorten noch etwas verbessert werden? Auf jeden Fall. Die meisten Standorte in Roth sind ja historisch gewachsen. Am Me- tallhammer, am Kupferhammer und am Ei- senhammer wurden die Wehre errichtet, um die Wasserkraft für den Betrieb der Schmie- de-Hämmer nutzbar zu machen und dies war noch weit bevor der Rothsee gebaut wurde, weshalb die bestehenden Anlagen weniger Wasser nutzen. Hier könnte man zum Beispiel dafür sorgen, dass das Ober- wasser der Wehre entsprechend geleitet wird, so dass die Wasserkraft-Anlage mehr Wasser zugeführt bekommt und insgesamt mehr Strom erzeugt. Die meisten Anlagen nutzen nur rund 50 Prozent des Potentials. Dazu müsste allerdings die ganze Anlage umgebaut werden. Das aber wiederum ist dann auch mit neuen Auflagen verbunden, wie zum Beispiel dem Einbau einer Fisch- treppe, damit Fische und andere Wassertie- re auch in den Oberlauf aufsteigen können, um dort zu laichen. Klingt nach einer sinnvollen Maßnah- me. Wie steht es denn eigentlich um die Ökologie bei der Wasserkraft-Nutzung? Ja, das ist definitiv eine sinnvolle Maßnah- me, denn viele unserer Flüsse sind durch Wehre so verbaut, dass die Tiere keine Chance mehr haben, nach oben zu kom- men. Aber so eine Fischtreppe treibt für die Betreiber natürlich die Kosten deutlich nach oben und auch vom Staat gibt es hier keine finanziellen Zuschüsse, so dass ein Anreiz da wäre, diese eigentlich wichtige Maß- nahme umzusetzen. Deshalb beschränken sich die Betreiber, auch andernorts, meist darauf, bestehende Anlagen nur zur repa- rieren oder die Turbinen zu tauschen, denn dann muss diese neue Auflage auch nicht erfüllt werden. Wenn solche Maßnahmen aber umgesetzt werden, dann ist die Was- serkraft eine sinnvolle Sache, um erneuer- Rathaus aktuell bare Energie zu gewinnen und gleichzeitig ökologische Verbesserungen vorzunehmen. Auch wenn es auf den ersten Blick sehr verlockend klingt, lohnt es sich dann bei diesen Widrigkeiten wie steigenden Bau- kosten und sinkender EEG-Umlage über- haupt, die Wasserkraft hier in Roth wei- ter nutzbar zu machen? Ich denke schon. Denn bei meiner Unter- suchung habe ich auch eine weitere Ent- wicklung bemerkt. In den vergangenen Sommern 2015, 2019 und 2020 hat es sehr wenig geregnet. Um den Wasserpegel im Main für die Schifffahrt konstant zu halten, musste deshalb sehr viel Wasser aus dem Rothsee entnommen werden, so dass der Abfluss sich sogar noch erhöht hat. Dies wird meiner Meinung nach auch weiter- hin zunehmen, so dass das Potential für die Stromerzeugung hier sogar noch steigen könnte. Wie lange das dann aber so bleibt, ist auch wieder fraglich, denn das Wasser im Rothsee kommt ja aus der Donau und wenn hier der Wasserpegel soweit sinkt, dass kein Wasser mehr entnommen werden kann, kommt auch aus dem Rothsee wieder weniger Wasser. Zum Abschluss ein kleiner Blick über den Tellerrand: Wie ist es denn andern- orts? Gibt es dort noch ein verstecktes Potential? In Deutschland ist die Wasserkraft, dort wo es Potential gibt, eigentlich großteils bereits erschlossen. Die Roth ist hier ein echter Sonderfall und das auch nur, weil sie der Abfluss des Rothsees ist – aber genau das sollten wir nutzen. Zur Person: das an und Udo Halbritter, Jahrgang 1996, hat an der Hochschule Weihenstephan- Triesdorf Bachelor-Studium Wassertechnologie der Hochschule Magdeburg-Stendal das Master-Studium Wasserwirtschaft absolviert. Nach Abschluss seines Studiums hat es ihn zum Ingenieurbüro Völker in Weißenburg verschlagen, wo er sich mit Kanal- und Kläranlagenplanung und vor allem dem Wasserbau beschäftigt. Er stammt aus und lebt nun auch wieder in Roth und ist zudem hobbymäßiger Angler, wodurch er die Roth gut kennt. Dezember 2021 I 7